Unsere moderne Welt ist schnell und laut. Die meisten Menschen sind den ganzen Tag im AUßEN beschäftigt.
Der Wecker reißt uns aus dem Schlaf. Das ist das allmorgendliche Signal den Fokus nach außen zu richten. Körperpflege, Kleidung, Frühstück, posten, Straßenverkehr, arbeiten, Bildschirm, posten, Kinder versorgen, Alte versorgen, posten, einkaufen, kochen, putzen, posten, coffe to go, fast food, Musik, Radio, Fernsehen, Social Media, Schule, Ausbildung, Weiterbildung, Planen, Sport, Posten, Selbstoptimierung, HandyHandyHandyHandy.......
Wir sind wichtig. Wir wollen gehört werden. Immer auf Sendung.
Wenn wir alle immer gehört werden wollen, uns dauernd selbst darstellen, wer hört dann überhaupt noch zu? Sind wir deshalb so laut, weil keiner mehr zuhört?
Wir haben gutes Zuhören längst verlernt. Uns fehlt die Übung. Gutes Zuhören ist etwas Kostbares. Dazu brauchen wir Muße, Respekt, Geduld, Empathie, Neugier, Interesse am Menschen, Freundlichkeit und Wärme.
Wir müssten das eigene Ego endlich mal hinten anstellen. Es ist nicht leicht, mit ganzer Konzentration zuzuhören, ohne innerlich abzuschweifen oder das Gegenüber zu unterbrechen. Ohne zu drängeln oder mit den Gedanken schon 10 Schritte voraus zu sein. Ohne sich einzubilden, die Gedanken des Anderen sowieso schon zu kennen.
Wir müssten aufhören, während des Telefonats mit der besten Freundin Emails zu checken oder aufzuräumen. Wir müssten aufhören sofort lauthals unsere Meinungen rauszuschreien ohne Interesse an der Resonanz unserer Gegenüber.
Wir müssten uns Zeit nehmen für das Gespräch mit dem alten Nachbarn, der kranken Tante, der traurig wirkenden Yogakollegin. Chefs müssten ihren Teams zuhören und Ärztinnen endlich wieder ihren Patientinnen.
Zuhören ist eine Rarität, eine Kostbarkeit. Kaum einer kann das noch. Kaum eine übt sich in gutem Zuhören. Ich habe sogar schon von Psychotherapeuten gehört, die im Gespräch mit den Klientinnen einschliefen oder nebenher den Einkaufszettel in den PC tippten.
Zuhören war das, was Michael Endes Momo am Besten konnte. Mit ihrem guten Zuhören beschenkte sie die Menschen. Sie schenkte ihnen Würde und das Gefühl menschlicher Wärme. Sie beschenkte sie mit dem Gefühl wertvoll, geachtet und geliebt zu sein. Sie gab Menschen einen leeren Raum, in dem sie ihre Gedanken und Gefühle in aller Ruhe entwickeln konnten.
Üben wir uns in Achtsamkeit. In großer, tiefer Achtsamkeit. Üben wir uns in Hingabe. Üben wir uns in Offenheit. Denn das ist die Basis des Zuhörens.
Achtsam mit dem Menschen, Achtung vor dem Menschen, Hingabe an den Menschen, Offenheit für den Menschen. Das sind die Zutaten des Zuhörens.
Vielleicht wird unsere Welt dann endlich wieder etwas langsamer und freundlicher. Vielleicht entsteht dann wieder Zugewandtheit und Stille.
Nur in Stille können wir uns nach Innen wenden. Erwachen entsteht immer in unseren inneren Räumen, in der unermesslichen Stille des Selbst.