Freundschaft

Aristoteles schrieb: "Freundschaft, das ist eine Seele in zwei Körpern."

 

Freunde vertrauen einander, inspirieren und motivieren einander, ergänzen einander, regulieren einander, sind füreinander da. Freundschaft schafft eine Weite im Herzen und eine Öffnung des Geistes, die es uns erlaubt, einen anderen Blick auf die Welt zu haben. Einen erweiterten Blick.

In den Sutren von Patanjali gibt es zwei herausragende Freundschaftspaare.

Sthira Sukham Asanam (2.46) und

Abhyasa und Vairagya (1.12).

 

Sthira Sukham Asanam heißt wörtlich übersetzt: Stabil – Glücklich – Sitzhaltung.

Stabil und glücklich.

Die Sutren 2.46 bis 2.48 sind bei Patanjali die einzigen drei Sutren, die sich mit einer Körperhaltung beschäftigen, nämlich dem Sitzen zur Meditation.

Asana heißt im Ursprung Sitz. Viel später erst, etwa im 10. Jh., entwickelte sich der Hatha Yoga. Man hängte ein S an Asana und meinte die Körperhaltungen, die wir heute üben.

Ursprünglich sollte der Sitz sauber und fest sein, nicht zu hoch und nicht zu niedrig und der Sitzende soll sich stabil und glücklich fühlen. Der Begriff Asana meinte viele hunderte von Jahren das Sitzen. Sitzen zur Meditation. Im Zen: Zazen.

Langes, aufrechtes Sitzen in Meditation ist das Resultat einer langjährigen und steten Yoga-Praxis. Jeder der es probiert hat weiß, wie schwer es ist. Und erst wenn du das lange Sitzen in Meditation gemeistert hast, ist Sthira Sukha erreicht. Übertragen auf unsere heutige Asana Praxis heißt das: erst wenn du mühelos und glücklich für längere Zeit in einem Asana stehen, sitzen, liegen kannst, ist Sthira Sukha erreicht. Bis dahin zählt das Bemühen.

„Die Ausführung eines Asana sollte Kräfte wecken und erleuchtend wirken“, sagt Iyengar.  Er sagt auch: „Wenn ich ein Asana oder Pranayama übe, ist der Geist stabil und der Körper in Frieden.“

Ein Asana soll stabil und angenehm sein.

Äußere Festigkeit und innere Gelassenheit. Stabil und leicht zugleich.

Zuerst nimmst du eine Körperhaltung ein, dehnst dich, streckst dich, drehst dich oder wendest all deine Kraft auf. Sthira, Festigkeit, Stabilität. Dann aber gelingt es dir vielleicht irgendwann, den Geist nach Innen zu richten. Patanjali nennt es Ausrichtung auf die innere Unendlichkeit. Auf die Befreiung. Hier beginnt Sukha.

„In diesem inneren Loslassen wandelt sich das Sitzen, wie auch jede andere Körperpraxis, zum geistigen Prozess der Meditation.“ (Wolz-Gottwald)

Du lässt los von der Betrachtung des Äußeren und erspürst die Leichtigkeit, das Angenehme. Hier verlässt du das Fitnessyoga. Hier  beginnt Yoga Asana. Und Yogasana hört nicht am Mattenrand auf. Die Kunst ist es, Yoga ins tägliche Leben zu tragen. In sich selbst zu ruhen. Stabil und glücklich. In innerer Balance. Unabhängig von unterscheidendem Denken, unabhängig von den Widrigkeiten des Alltags. Ruhend in der inneren Fülle.

 

Das Freundespaar Abhyasa und Vairagya stammt aus Sutra 1.12:

abhyasa-vairagyabhyam tan-nirodha und bedeutet: Übung und Loslösung sind die Mittel, um die Bewegungen des Geistes zur Ruhe zu bringen.

Abhyasa ist das stetige Üben, um innere Klarheit zu erlangen. Wenn du im Leben Dinge stetig übst erlangen sie Stabilität. Sie werden zu etwas Selbstverständlichem. Zu einem Teil von dir. Du musst nicht mehr darüber nachdenken, sie zu tun. Du tust sie einfach. Wenn du also stetig und hingebungsvoll übst deine Gedanken ziehen zu lassen und zum Atem zurückzukehren, erlangst du immer mehr Stabilität darin.

Vairagya bedeutet Loslösung. Loslösung von Anhaftungen, frei werden von Wünschen und Vorstellungen.

Patanjali sagt: spirituelle Entwicklung wird durch Abhyasa (Übung) und Vairagya (Loslösung) erlangt.

Abhyasa Asana erinnert uns daran, dass wir Körperhaltungen unter voller Beteiligung der inneren Sinne und der Seele üben.

Es gibt immer zwei Aspekte von Asana: die perfekte Ausrichtung und das ruhige Verharren in der Haltung. Ruhen im Asana bedeutet, die vollkommene Form einer Stellung zu finden und sie in höchster Konzentration beizubehalten.

 

“ Wenn das angestrengte Bemühen zu einem mühelosen Tun wird, dann hat man das Asana gemeistert. Dabei soll das Denken ruhen! Konzentriere dich auf die inneren Organe und die Wahrnehmung deines Körpers. Dann können Intelligenz und Bewusstsein sich auf jeden Körperteil, ja bis in die Zellen hinein ausdehnen,“ sagt      Iyengar.

 

Große Freundespaare also.