Dogen, der Zen Meister, 13.Jh., sagte: „Sitzen ist ein großes Tor von Frieden und Freude“.
Denke nicht, wenn ich sitze, dann werde ich ruhig, erlange ich Samadhi oder Nirvana, werde ich zu einem Yogameister oder wahren Buddhisten, oder oder oder. Zazen, sitzen, hat keinen Zweck, sitzen macht keinen Sinn. Wenn ich sitze, sitze ich. Ich tue es nicht, um etwas zu erreichen. Ich sitze ohne Absicht. Ich bemühe mich, meine Konzentration auf ein Objekt auszurichten. Z.B. auf den Körper, den ich beobachte, von der äußeren Haut bis zu den inneren Organen. Der Körper den ich immer wieder im Sitz aufrichte. Oder der Atem, den ich Atemzug für Atemzug beobachte, begleite. Oder das innere Sprechen eines Mantras, das mich intuitiv berührt. Oder das Betrachten eines Objektes – eine Blume, eine Statue. Oder das Hören der Geräusche, die mich umgeben. Nur Körper, nur Atem, nur Mantra, nur betrachten, nur hören, sonst nichts.
„Offensichtlich berühren wir mit unserem Körper das Sitzen, als würde man den Daumen auf Papier drücken: Das ist es. Körper fühlt sich so an: Raumzeit berühren, Materie in Raumzeit erzeugen – so fühle ich mich, wenn ich sitze. Und je stiller das Sitzen wird, umso mehr fühlt es sich an wie Anhalten der Zeit … Zeit hält an.“ (Kobun, Zen Priester, gestorben 2002)
Damit das Sitzen zur Meditation wird, müssen drei Dinge ineinander fließen. Ich atme. Der Atem. Und das Beobachten des Atmens. Diese drei Aspekte verschmelzen in der Meditation und dann gibt es kein unterscheidendes Denken mehr.
Dasselbe gilt für die Ausrichtung auf ein Mantra, das Betrachten einer Mohnblume, das Hören von Geräuschen oder Musik.
Dasselbe gilt für Kartoffeln schälen, Unkraut jäten oder Klo putzen.
Jetzt werdet ihr sagen, ich muss diesen Zustand von Samadhi doch erreichen wollen, um mich überhaupt auf mein Kissen zu setzen, um meine ganze Aufmerksamkeit auf das Klo putzen zu richten. Ja, wir müssen uns dafür interessieren. Wir können einen Zugang über das Denken und Analysieren finden, oder ganz intuitiv. Vielleicht spüren wir einfach, dass uns etwas auf diesen Weg zieht und können es gar nicht benennen. Das ist die Intuition. Vielleicht gibt es aber auch irgendein Leiden in unserem Leben, das uns zur Achtsamkeit und zum Sitzen führt. Das können Schmerzen sein, eine Erkrankung, innere Unruhe, Ängste, Depression und und und. Zu Anfang müssen wir diszipliniert üben und uns dabei neugierig beobachten. Später wird uns das Sitzen zur Selbstverständlichkeit. Wahrnehmen lernen. Mit Geduld, Ausdauer und Begeisterung. Im Yoga bereiten wir den Körper auf die Übung des Sitzens vor. Asana üben. Atem beobachten und Atem lenken üben. Immer wieder üben, den Geist von den uns umgebenden äußeren Dingen wegzulenken, nach Innen. Pratyahara nennen wir das im Yoga – die Sinne nach Innen ziehen. Wenn wir Pratyahara geübt und verinnerlicht haben, sind wir bereit für die Konzentration - Dharana. Und dann, irgendwann, beginnt Meditation (Dhyana). Durch stetes Üben dieser Schritte, stellt sich die Verschmelzung von Ich, Beobachter und Objekt ganz von selbst ein. Meditation. Dann können wir all die Gedanken und Taten, die uns hierhergeführt haben, wieder loslassen und nur noch sein. Kein Werten mehr. Kein Wollen. Kein unterscheidendes Denken. Dann ist das Tor zu Frieden und Freude durchschritten. Dann bist du einfach da, so wie du bist.
Die Gedanken und Bilder, die wir aus vergangenen Erfahrungen und zukünftigen Visionen nähren, sind still geworden. Im Zen nennen wir das Leere, köstliche Leere. Im Yoga heißt es Citta Vrtti Nirodha – das zur Ruhe bringen der Regungen des Geistes.
Lassen wir noch einmal Dogen zu Wort kommen: „Den Weg Buddhas zu meistern heißt, dein eigenes Selbst zu meistern, zu klären.“